Kirche Liebstadt

Über die Kirche

Genießt man den Ausblick von Schloss Kuckuckstein, ehemals Sitz der Herren von Bünau und von Carlowitz, auf das malerische Städtchen Liebstadt, so fällt besonders die Kirche mit ihrem wuchtigen Turm und den gotischen Fenstern auf. Reste ornamentaler Malereien, die bei Restaurierungsarbeiten an ihrer Langhauswand freigelegt wurden, weisen darauf hin, dass zumindest Teile des Baus bereits aus der Hussittenzeit (1410-1430) stammen.

Ein halbes Jahrtausend alt

In ihrer jetzigen Form entstand die Kirche jedoch erst ab Ende des 15. Jahrhunderts; über der inneren Sakristei im Untergeschoss des Turmes findet man das Meisterzeichen »h.b.« und die Jahreszahl 1499. 1999 feiert die Kirche deshalb ihr 500-jähriges Bestehen. Der Chor dürfte ab 1511 errichtet werden sein, wie aus einer Eintragung im Stadtbuch von 1513 hervorgeht: Zu jener Zeit sei »ein gehawener wantstein verdinget und am sontag der Kirchmes der erste Grundstein geleget worden«. Die flache Holzbalkendecke des Kirchensaals stammt aus dem Jahre 1891, die Sterngewölbe des Chors, deren Rippen Durchsteckungen aufweisen, ist spätgotisch.

Mehrere Umbauten und Renovierungen veränderten die Kirche im Laufe der Jahrhunderte. So wurde der Turm während der Barockzeit mit einer laternengekrönten, geschweiften Haube versehen. Eine gründliche Erneuerung der Kirche in den Jahren 1891/92 beeinflusste vor allem ihr Inneres. Unter anderem wurden hölzerne Emporen eingebaut und die Namen bedeutender Reformatoren (ML, JB, JJ, PM) mit den dazugehörigen Symbolen an die Decke gemalt. Auch die Orgel, ein zweimanualiges Werk mit 19 Registern und pneumatischer Traktur, stammt aus dieser Zeit; sie wurde 1892 in der Werkstatt der Gebr. Jehmlich, Dresden, gebaut.

Niederländisches Meisterwerk in der Sächsischen Schweiz

Die Liebstädter Kirche beherbergt eine Reihe hervorragender Kunstwerke, unter denen besonders der Altar mit Tafeln eines niederländischen Retabels vom Ende des 15. ]ahrhunderts (um 1490) hervorzuheben ist. Auf der Mitteltafel stellte der namentlich unbekannte Meister in liebevoll-detailreicher Gestaltung die Kreuzabnahme dar; die Seitentafeln zeigen links die Kreuztragung, rechts die Auferstehung Christi. Auf den Außenseiten der Flügel finden sich – in Grisaillemalerei – die Gefangennahme Jesu und die Handwaschung des Pilatus. Das gotisierende Gesprenge des Altars wurde erst 1893 hinzugefügt. Eine Renaissance-Sandsteinkanzel (bezeichnet 1577) ist mit einem reich geschnitzten Schalldeckel (1624) überdacht, auf dem ein Schmerzensmann und Putten mit den Leidenswerkzeugen Christi zu sehen sind. Rings um den Chor sind mehrere figürliche Grabdenkmäler aus Sandstein erhalten, die zumeist von Meistern der Pirnaer Bildhauerschule – zum Teil von David Schwenke, dem Bruder Michael Schwenkes – stammen. Vor allem die Epitaphien für Rudolf von Bünau († 1615), Detlev von Wedelbusch († Ende 17. Jh.) und Pfarrer Johannes Simon († 1618) sind bemerkenswert. Eine runde Bronzeplatte für Rudolf von Bünau († 1615), Hans Hilger zugeschrieben, bezeichnet im Chorfußboden die Gruft.

(Informationen unter Über die Kirche mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers übernommen aus: »Kirchen in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz«, Tourismusverband Sächsische Schweiz e. V. (Hrsg.), Bad Schandau, 2002)